Entschädigungen
Entschädigung aufgrund behördlich angeordneter Quarantäne (§ 56 Abs. 1 IfSG)
Wer aufgrund des Infektionsschutzgesetzes eine Absonderungsanordnung nach § 30 IfSG erhält und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, kann Entschädigung nach § 56 Abs. 1 beantragen.
Voraussetzung ist ein die Person betreffender Quarantäne-/Isolationsbescheid des zuständigen Gesundheitsamtes.
Der Arbeitgeber hat die Entschädigung für den Arbeitnehmer für die ersten sechs Wochen auszuzahlen (§ 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG). Die Entschädigung liegt in dieser Zeit bei 100 Prozent (§ 56 Abs. 2 Satz 1 und 2 IfSG). Dem Arbeitgeber werden die gezahlten Beträge auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG).
Besonderheit Auszubildende: Auszubildende haben nach § 19 Absatz 1 Nr. 2b Berufsbildungsgesetz (BBiG) einen Lohnfortzahlungsanspruch für die Dauer von sechs Wochen, wenn sie aus einem sonstigen, in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen. Die Anwendung der Vorschrift des § 19 BBiG kann im Ausbildungsvertrag nicht ausgeschlossen werden. Daher besteht für Auszubildende kein Anspruch auf Entschädigung.
Ab der siebten Woche muss der Arbeitnehmer selbst einen entsprechenden Antrag stellen. Die Entschädigung liegt dann bei 67 Prozent des zu berücksichtigenden Nettoverdiensts, höchstens bei 2.016 Euro für einen vollen Monat (§ 56 Abs. 2 Satz 3) und 80 Prozent für die Sozialversicherung (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG).
Selbstständige müssen den Antrag ebenfalls selbst stellen. Auch hier liegt die Entschädigung in den ersten sechs Wochen bei 100 Prozent und anschließend bei 67 Prozent und 80 Prozent.
Entschädigung bei fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeit (§ 56 Abs. 1a IfSG)
Werden Einrichtungen zur Betreuung von Kindern (z.B. Kindergärten) oder Schulen aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen oder deren Betreten untersagt (durch Quarantäne-/Isolationsbescheid) und ein erwerbstätiger Elternteil muss sein Kind in diesem Zeitraum selbst betreuen und erleidet dadurch einen Verdienstausfall, kann Entschädigung nach § 56 Abs. 1a beantragt werden.
Das zu betreuende Kind darf das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder muss wegen einer bestehenden Behinderung auf Hilfe angewiesen sein.
Voraussetzung ist unter anderem das keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sichergestellt werden kann.
Der Gesetzgeber hat mit Einführung des § 45 Abs. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für alle gesetzlich krankenversicherten Eltern weitere Möglichkeiten geschaffen, Kinderkrankentage in Anspruch zu nehmen, ohne, dass das Kind selbst erkrankt ist. Eltern haben demnach auch einen Anspruch auf Kinderkrankentage, wenn das Kind z.B. aufgrund einer Absonderung nicht zur KiTa oder Schule darf. Für das Land Niedersachsen liegt somit eine anderweitig zumutbare Möglichkeit vor den Verdienstausfall auszugleichen.
Das Kinderkrankengeld bietet zudem den Vorteil, dass dieses gemäß § 45 Abs. 2 SGB V i.d.R. 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts beträgt. Bei einer Erstattung nach § 56 Abs. 1a IfSG werden nur 67 Prozent des Nettoverdienstausfalls und 80 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge erstattet.
Eine Entschädigung nach § 56 Abs. 1a IfSG kommt momentan dementsprechend nur in Betracht, wenn die Kinderkrankengeldtage bereits alle aufgebraucht sind oder der Elternteil nicht gesetzlich krankenversichert ist.
Der Arbeitgeber hat die Entschädigung für den Arbeitnehmer für den gesamten Anspruchszeitraum (10 Wochen bzw. 20 Wochen bei Alleinerziehenden) auszuzahlen.
Beantragung und erforderliche Unterlagen
Die Anträge sind innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Ende der Absonderung/nach Ende der Schulschließung zu stellen (§ 56 Abs. 11 Satz 1 IfSG). Momentan nimmt der Landkreis noch nicht am Online-Verfahren teil. Die Antragsvordrucke können unter folgendem Link auf der Seite des Landes Niedersachsen heruntergeladen werden: https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/hinweise-fur-berufstatige-185673.html
Die Anträge können per Post an den Landkreis Hildesheim, Gesundheitsamt, Ludolfingerstr. 2, 31137 Hildesheim oder per Mail an verdienstausfall@landkreishildesheim.de gesandt werden.
Folgende Unterlagen werden bei der Beantragung durch Arbeitgeber nach § 56 Abs. 1 IfSG benötigt:
- vollständig ausgefüllter und unterschriebener Entschädigungsantrag
- Vollmacht, sofern der Antrag durch einen Bevollmächtigten (Steuerberater etc.) gestellt wird
- Kopie der Verdienstabrechnung des Quarantänemonats sowie die Verdienstabrechnungen der zwei Monate vor der Quarantäne
- ärztliches Attest, sofern während der Absonderung eine Arbeitsunfähigkeit vorlag
- Nachweis über evtl. Kurzarbeitergeld (Bescheid der Bundesagentur für Arbeit)
- Quarantänebescheid + ggfs. Verlängerung vom zuständigen Gesundheitsamt
- in Fällen, in denen die Quarantäne ab dem 11.10.2021 als Kontaktperson oder Reiserück-kehrer angeordnet wurde (Personen, die mit Covid-19 infiziert sind, sind davon nicht betroffen): Impfnachweis bzw. ärztliches Attest bei medizinischer Kontraindikation
Folgende Unterlagen werden bei der Beantragung durch Selbstständige nach § 56 Abs. 1 IfSG benötigt:
- vollständig ausgefüllter und unterschriebener Entschädigungsantrag
- Vollmacht, sofern der Antrag durch einen Bevollmächtigten (Steuerberater etc.) gestellt wird
- Quarantänebescheid + ggfs. Verlängerung vom zuständigen Gesundheitsamt
- letzter Einkommenssteuerbescheid
- Nachweis der Krankenversicherung über die Höhe des Basistarifs
- sofern die private Krankenversicherung Krankengeld beinhaltet und während der Quarantäne eine Arbeitsunfähigkeit vorlag, das entsprechende ärztliche Attest sowie ein entsprechender Nachweis der Krankenkasse über das Krankengeld
- Angabe über den örtlichen Bereich, in dem die Aufgabe primär wahrgenommen wird
- in Fällen, in denen die Quarantäne ab dem 11.10.2021 als Kontaktperson oder Reiserückkehrer angeordnet wurde (Personen, die mit Covid-19 infiziert sind, sind davon nicht betroffen): Impfnachweis bzw. ärztliches Attest bei medizinischer Kontraindikation
Folgende Unterlagen werden bei der Beantragung aufgrund fehlender Kinderbetreuung nach § 56 Abs. 1a IfSG benötigt:
- vollständig ausgefüllter und unterschriebener Entschädigungsantrag
- Vollmacht, sofern der Antrag durch einen Bevollmächtigten (Steuerberater etc.) gestellt wird
- Kopie der Verdienstabrechnung des Quarantänemonats sowie die Verdienstabrechnungen der 2 Monate vor der Quarantäne
- Nachweis über evtl. Kurzarbeitergeld (Bescheid der Bundesagentur für Arbeit)
- ärztliches Attest, sofern während der Betreuung eine Arbeitsunfähigkeit vorlag
- Geburtsurkunde des Kindes/der Kinder
- Quarantänebescheid des Kindes bzw. Bescheinigung der Schule über deren Schließung
- Mitteilung über den Zeitraum der regulären Kinderbetreuung
- Bescheinigung des Arbeitgebers über die Anzahl der Stunden (Tag und Uhrzeit), die täglich im Betrieb zu leisten gewesen wären (in denen nun die Kinderbetreuung stattgefunden hat) und die tatsächlich geleistet wurden
- Bescheinigung vom Arbeitgeber, ob HomeOffice möglich war oder warum ggf. nicht möglich war
- Bescheinigung vom Arbeitgeber, dass kein Resturlaub und keine Überstunden vorhanden waren
- Erklärung vom Arbeitnehmer, dass keine andere Betreuungsmöglichkeit durch Familie und/oder Freunde bestand (dies ich nicht erforderlich, wenn das Kind in Quarantäne war)
- für Fälle aus 2021 und 2022: Nachweis der Krankenkasse, dass alle Kinderkrankentage in Anspruch genommen wurden
Häufige Fragen
Welche Auswirkungen hat eine Arbeitsunfähigkeit meines Arbeitnehmers auf die Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG? Wird zusätzlich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötigt?
Grundsätzlich genügt für die Entschädigung nach § 56 IfSG der Quarantänebescheid vom zuständigen Gesundheitsamt. Eine zusätzliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht erforderlich. Jedoch kann es vorkommen, dass vor der Quarantäne, gleichzeitig mit der Quarantäne oder während der Quarantäne eine Arbeitsunfähigkeit vom Arzt ausgesprochen wird. Die Einschätzung, ob aufgrund der vorhandenen Symptome tatsächlich eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, liegt beim Arzt.
Die Symptome können sehr unterschiedlich sein und eventuell führen diese auch nicht zur Arbeitsunfähigkeit. Dies ist von vielen Faktoren abhängig, u.a. von der auszuführenden Tätigkeit oder den jeweiligen Symptomen. So führen z.B. der Geruchs- und Geschmacksverlust i.d.R. nicht zu einer Arbeitsunfähigkeit. Sofern vor der Quarantäne oder gleichzeitig mit der Quarantäne eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz durch den Arbeitgeber. Wenn die Arbeitsunfähigkeit während der laufenden Quarantäne eintritt, entsteht kein Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber, da der Arbeitnehmer schon wegen der Absonderung nicht in der Lage ist, seiner Tätigkeit nachzugehen. Dann besteht weiterhin ein Anspruch auf Entschädigung nach § 56 IfSG. Hierzu gab es am 11.08.2021 eine entsprechende Weisung vom Land Niedersachsen.
Beispiele:
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 07.01. - 13.01. und Quarantänebescheid vom 10.01. - 18.01. = AUB vor Quarantäne = Anspruch auf Lohnfortzahlung durch AG für die Zeit 07.01. - 13.01. + Anspruch § 56 IfSG für die Zeit 14.01. - 18.01.
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.01. - 13.01. und Quarantänebescheid vom 10.01. - 18.01. = AUB gleichzeitig mit Quarantäne = Anspruch auf Lohnfortzahlung durch AG für die Zeit 10.01. - 13.01. + Anspruch § 56 IfSG für die Zeit 14.01. - 18.01.
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 17.01. - 18.01. und Quarantänebescheid vom 10.01. - 18.01. = AUB während Quarantäne = Anspruch § 56 IfSG für die Zeit 10.01. - 18.01.
Wie verhält sich die Entschädigung, wenn mein Arbeitnehmer nicht geimpft ist?
Das Land Niedersachsen hat beschlossen, dass ab dem 11.10.2021 denjenigen Personen keine Entschädigungsleistung gemäß § 56 IfSG mehr zu gewähren sind, die als Kontaktperson oder als Reiserückkehrer bei einer wegen COVID-19 behördlich angeordneten Absonderung keinen vollständigen Impfschutz vorweisen können, obwohl für sie eine öffentliche Empfehlung für eine Schutzimpfung nach § 20 Abs. 3 IfSG vorliegt. Die Booster-Impfung spielt für die Entschädigung keine Rolle. Als geimpft gilt man mit zwei Impfungen.
Für positiv getestete Personen wird weiterhin eine Entschädigung gewährt, sofern keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt (siehe oben). Bei positiv getesteten Personen ist der Impfstatus daher irrelevant. Zudem wird eine Entschädigung auch gewährt, wenn eine medizinische Kontraindikation durch ärztliches Attest bestätigt wird.
Besonderheit Johnson & Johnson: Durch die Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) gelten Personen, die mit dem COVID-19-Impfstoff Janssen von Johnson & Johnson geimpft wurden, seit dem 15.01.2022 nicht mehr als vollständig ge-impft. Eine Einzelimpfung für die Grundimmunisierung reicht nicht mehr aus. Eine zweite Impfung ist daher notwendig, um als vollständig geimpft zu geltend. Den Status „vollständig geimpft“ erlangt man 14 Tage nach der zweiten Impfung. Sollte der Arbeitnehmer den Impfwillen für eine zeitnahe zweite Impfung zeigen oder sich innerhalb der 14 Tage nach der zweiten Imp-fung befinden und in Quarantäne müssen, wird dennoch eine Entschädigung nach § 56 IfSG gewährt.
Was ist, wenn mein Arbeitnehmer während der Absonderung Urlaub gehabt hätte? Dürfen für den Zeitraum der Absonderung Urlaubstage oder Überstunden genommen werden?
Im Antrag sind im Vorfeld genehmigte Urlaubstage anzugeben. Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG besteht weiterhin, wenn während des schon genehmigten oder bereits angetretenen Urlaub eine Quarantäne angeordnet wird. Urlaubstage, die in die Zeit einer nach § 30 Abs. 1 IfSG angeordnete Quarantäne fallen, ohne dass eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, sind in analoger Anwendung von § 9 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen. Urlaubstage müssen durch den Arbeitgeber wieder gutgeschrieben werden. Dieser Gedanke hat den gleichen Hintergrund wie bei einer Arbeitsunfähigkeit. Der Urlaub soll zur Erholung dienen und nicht für eine Quarantäne oder Arbeitsunfähigkeit verwendet werden müssen. Natürlich ist es auch möglich, dass ein Arbeitnehmer extra für die Quarantäne Urlaub oder Überstunden nimmt, um eine eventuell unbezahlte Freistellung zu vermeiden (z.B. bei einer ungeimpften Kontaktperson, die keinen Anspruch auf Entschädigung hat).
Anders verhält sich das mit den Urlaubstagen und Überstunden jedoch bei der Entschädigung nach § 56 Abs. 1a IfSG aufgrund fehlender Kinderbetreuung. Hier spricht der Gesetzestext von "keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen kann". In diesen Fällen sind Resturlaubstage und Überstunden vorrangig in Anspruch zu nehmen.