Beim Bundestagswahlrecht handelt es sich um ein mit der Personenwahl verbundenes Verhältniswahlrecht bzw. um eine Mischung von Personen- und Listenwahlrecht. So werden 598 Abgeordnete nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Innerhalb dieser Verhältniswahl werden 299 Abgeordnete in Wahlkreisen über die Erststimme in relativer Mehrheitswahl und 299 Abgeordnete auf Landeslisten über die Zweitstimme in einer sogenannten Listenwahl gewählt. Bei den Landeslisten handelt es sich um starre Listen, weil die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber vom Wähler nicht verändert werden kann. Zu den 598 Sitzen können noch Überhangmandate hinzukommen. Bei der Bundestagswahl 2009 waren es 24 Überhangmandate. Bei der Bundestagswahl haben die Wählerinnen und Wähler zwei Stimmen, die Erststimme und die Zweitstimme.
Erststimme: Mehrheitswahl (Persönlichkeitswahl) Die Erststimme wird auf der linken Stimmzettelhälfte abgegeben. Mit ihr wird die Direktbewerberin oder der Direktbewerber des Wahlkreises gewählt. Gewählt ist derjenige Bewerber, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Es genügt somit die relative Stimmenmehrheit.
Über die Stärke der Parteien im Deutschen Bundestag bestimmen grundsätzlich nicht die Erststimmen, sondern die für die Landeslisten der Parteien insgesamt abgegebenen Zweitstimmen, denn die 598 Sitze im Deutschen Bundestag werden im Verhältnis dieser Zweitstimmen auf die Parteien verteilt. Die Erststimme hat ausnahmsweise dann Bedeutung für die Stärke der Parteien im Deutschen Bundestag, wenn
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eine Partei, die nicht mindestens 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten hat, gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Bundeswahlgesetz bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten nach Zweitstimmen Berücksichtigung findet, weil sie in mindestens drei Wahlkreisen einen Sitz errungen hat,
- Überhangmandate anfallen.
Zweitstimme: Verhältniswahl
Die Zweitstimme wird auf der rechten Stimmzettelhälfte (Blaudruck) abgegeben. Mit dieser Stimme entscheidet sich der Wähler für eine bestimmte Partei (Landesliste). Unter dem Parteinamen sind die ersten fünf Bewerber der Landesliste aufgeführt. Die Zweitstimme ist – vorbehaltlich der sich aus dem BWG ergebenden Abweichungen (insbesondere Überhangmandate) – für die Sitzverteilung ausschlaggebend. Nur Parteien können Landeslisten einreichen. Nach der Zahl der Zweitstimmen im Bundesgebiet bzw. in den Ländern errechnet sich die Zahl der Sitze für die Parteien.
Sperrklausel Bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 % der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder in mindestens drei Wahlkreisen einen Sitz errungen haben, es sei denn, es handelt sich um von Parteien nationaler Minderheiten eingereichte Listen. Direkt erworbene Wahlkreissitze verbleiben einem parteilosen Bewerber oder einer Partei, für die keine Landesliste zugelassen worden ist oder auf die die Sperrklausel Anwendung findet, jedoch in jedem Falle.
Sitzverteilung Auf Grund des Zweitstimmenergebnisses im gesamten Wahlgebiet werden die insgesamt zu vergebenden 598 Sitze nach dem System Sainte-Laguë/Schepers auf die verbundenen Landeslisten verteilt. Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 vom Hundert der abgegebenen gültigen Zweitstimmen (sh. Sperrklausel) oder 3 Direktmandate erhalten haben, es sei denn, es handelt sich um von Parteien nationaler Minderheiten eingereichte Listen. Nachdem auf Grund vorstehender Verteilung feststeht, wie viele Sitze jeder Partei (verbundene Landeslisten) im gesamten Wahlgebiet zustehen, wird die Verteilung der Parteisitze auf die einzelnen Länder vorgenommen, und zwar wiederum nach dem System Sainte-Laguë/Schepers und auf Grund des Zweitstimmenergebnisses.
Darauf werden die von jeder Partei in den einzelnen Ländern gewonnenen Wahlkreissitze (Direktmandate) von den Sitzen, die ihnen in dem betreffenden Land nach o.a. Berechnung zustehen, abgezogen. Die verbleibenden Sitze sind aus den Landeslisten der Parteien in der Reihenfolge der nicht direkt gewählten Bewerber auf der jeweiligen Landesliste zu besetzen. Zuvor sind daher auf den Landeslisten diejenigen Bewerber zu streichen, die auch im Wahlkreis kandidiert haben und über die Erststimmenmehrheit in ihrem Wahlkreis Bundestagsabgeordnete geworden sind.
Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers
Beim Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers werden die jeweiligen Anzahlen der Zweitstimmen für die einzelnen Parteien durch einen gemeinsamen Divisor geteilt. Zunächst wird eine "Näherungszuteilung" berechnet. Die Gesamtanzahl aller zu berücksichtigenden Stimmen wird durch die Gesamtanzahl der zu verteilenden Sitze geteilt und so ein vorläufiger Zuteilungsdivisor ermittelt.
Die daraus entstehenden Quotienten werden zu Sitzzahlen gerundet: Bei einem Rest von mehr oder weniger als 0,5 wird auf- oder abgerundet; bei einem Rest von genau 0,5 entscheidet das Los. Der Divisor wird dabei so bestimmt, dass die Sitzzahlen in der Summe mit der Gesamtzahl der zu vergebenden Mandate übereinstimmen.
Wenn die Gesamtzahl der Mandate einer Partei feststeht, wird die Verteilung auf die Landeslisten vorgenommen. Auch hier erfolgt die Vergabe im Verhältnis zum jeweiligen Zweitstimmenergebnis.
Die Mandate, die einer Landesliste danach zustehen, werden zunächst an die Politiker vergeben, die in den entsprechenden Wahlkreisen gesiegt haben. Der Rest wird der Reihe nach an die Kandidaten auf der vor der Wahl aufgestellten Landesliste vergeben.
* Derzeit befindet sich noch eine Änderung des Wahlrechts in der Gesetzgebung, die zur Neutralisierung der Überhangmandate Ausgleichsmandate für die anderen Parteien vorsieht.