Was ist Sexueller Missbrauch ?
Sexueller Missbrauch ist die Bezeichnung dafür, wenn ein Erwachsener oder Jugendlicher seine Autorität, seine körperliche und geistige Überlegenheit sowie die Unwissenheit, das Vertrauen oder die Abhängigkeit eines Kindes zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse und zur Machtausübung benutzt.
Wenn ein Kind also noch nicht 14 Jahre alt ist, liegt dann ein sexueller Missbrauch vor, wenn ein Jugendlicher/eine Jugendliche oder ein Mann/eine Frau
- es mit obszönen Sprüchen belästigt (auch per Telefon oder Email).
- es anfasst, um sich selbst sexuell zu erregen.
- es zwingt, ihn/sie anzufassen und sexuell zu manipulieren.
- es zwingt oder überredet, ihn/sie nackt zu betrachten oder bei sexuellen Handlungen zuzusehen.
- es zwingt oder überredet, Dich selbst zu streicheln und er/sie dabei zuschaut.
- es nackt fotografiert oder filmt.
- ihr/ ihm Pornos (Fotos oder Filme) zeigt.
- es an Scheide, Po oder Brust (bei Mädchen) oder Po und Penis (bei Jungen) berührt.
- es vergewaltigt (oraler, analer oder vaginaler Geschlechtsverkehr).
Aber auch wenn eine Jugendliche/ ein Jugendlicher älter als 14 Jahre alt ist, ist sie/ er vor sexuellen Handlungen durch Personen geschützt, von denen sie/ er abhängig ist, also zum Beispiel: Eltern und Verwandte, Lehrer, Trainer, Betreuer, Ausbilder oder Kollegen.
Im Gesetz wird Sexueller Missbrauch wie folgt beschrieben:
§ 176 Strafgesetzbuch - Sexueller Missbrauch von Kindern
(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einem Dritten
vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen lässt.
(3) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen.
(4) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt,
2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an sich vornimmt,
3. auf ein Kind durch Schriften (§ 11 Abs. 3) einwirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen,
die es an oder vor dem Täter oder einem Dritten vornehmen oder von dem Täter oder einem
Dritten an sich vornehmen lassen soll, oder
4. auf ein Kind durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen, durch
Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(5) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach
den Absätzen 1 bis 4 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu
einer solchen Tat verabredet.
(6) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 4 Nr. 3 und 4 und Absatz 5.
Aber auch Jugendliche ab 14 Jahren sind vor sexuellen Handlungen durch Personen geschützt, von denen sie abhängig sind, also zum Beispiel: Eltern und Verwandte, Lehrer, Trainer, Betreuer, Ausbilder oder Kollegen. Es dann die folgende gesetzliche Regelung:
§ 177 Strafgesetzbuch - Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung
(1) Wer eine andere Person
1. mit Gewalt,
2. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder
3. unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert
ist, nötigt, sexuellen Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem
Täter oder einem Dritten vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren. Ein besonders
schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
1. der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem
Opfer vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen,
insbesondere, wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung),
oder
2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1. eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2. sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch
Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3. das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1. bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2. das Opfer
a)bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf
Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 3 und 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu
zehn Jahren zu erkennen.
Anders als bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung erwachsener Personen ist die Einwilligung bzw. Gegenwehr bei Kindern und Jugendlichen unerheblich. Strafbar sind alle sexuellen Handlungen, die an und von einem Kind oder Jugendlichen vorgenommen werden und von "einiger Erheblichkeit" sind, unabhängig von einer etwaigen aktiven Beteiligung des Kindes oder Jugendlichen. Bei Jugendlichen über 14 Jahren muss darüber hinaus ein Abhängigkeitsverhältnis oder eine Zwangslage vorliegen, damit die Handlung als strafbar angesehen wird.
Zu den "erheblichen" Handlungen zählen beispielweise Geschlechtsverkehr (aber auch Oral- und Analverkehr), Manipulationen am Geschlechtsteil eines anderen, Anfassen des nackten Körpers, gegenseitiges oder einem anderen gezeigten Onanieren, ein Kuss und das Streicheln des Geschlechtsteils über der Kleidung eines Kindes.
Abgrenzung ?
Die Abgrenzung zwischen noch akzeptierbaren Verhaltensweise und einem sexuellen Missbrauch können fließend sein.
Ein Erwachsener, der gegen den Wunsch eines 13-jährigen Mädchens ins Badezimmer kommt, während sie badet oder duscht, verhält sich unsensibel und grenzüberschreitend. Von einem sexuellen Missbrauch kann aber erst dann gesprochen werden, wenn der Erwachsene diese Situation durch Blicke oder Worte sexualisiert und sie zur Befriedigung seiner Bedürfnis dient.
Wer sind die Täter ?
In drei von vier Fällen findet die Sexuelle Gewalt in der Familie oder im Bekanntenkreis statt, häufig aber auch in der Schule oder im Freizeitbereich. Die meisten Kinder sind mit dem Täter bekannt oder sogar verwandt.
Von Sexueller Gewalt betroffen sind Kinder aller Altersgruppen (auch Kleinkinder und sogar Säuglinge) und Kinder und Jugendliche aus allen sozialen Schichten.
Sexuelle Gewalt wird meist von Personen ausgeübt, die mit dem Kind vertraut sind oder die sich das Vertrauen mit Aufmerksamkeit, Zuneigung oder Geschenken erschleichen. Sexuelle Gewalt wird quasi "vorbereitet". Sie entwickelt sich im Verlauf eines längeren Zeitraums. Die sexuellen Übergriffe erfolgen in der Regel über mehrere Monate oder gar Jahre hinweg.
Die Täter sind meistens Männer. Eine Mittäterschaft von Frauen und Müttern kann auch durch Nicht-Eingreifen oder Zulassen des Missbrauchs gegeben sein.
Welche Folgen kann Sexueller Missbrauch haben ?
Die Folgen eines Sexuellen Missbrauchs sind für die Kinder nicht statisch, sondern verlaufen oftmals prozesshaft.
Sexueller Missbrauch kann gravierende Folgen für die körperliche, aber vor allem die seelische Entwicklung eines Kindes haben.: Betroffene Kinder fühlen sich hilflos, ohnmächtig und allein, sie entwickeln sehr häufig ein vermindertes Selbstwertgefühl und eine gestörte Selbstwahrnehmung. Durch den Zwang, ein Geheimnis bewahren zu müssen, und die ständige Erpressungssituation können die Kinder auch später nur sehr schwer wieder Vertrauen zu anderen Menschen lernen. Von Sexuellem Missbrauch betroffene Kinder neigen häufig zu Angst und Depressionen. Oftmals reagieren die Kinder auch mit aggressivem und delinquentem Verhalten.
Schulische und soziale Probleme können aus dem Sexuellen Missbrauch resultieren. Ein gestörtes Essverhalten, Drogen- und Alkoholmissbrauch, Suizidversuche oder psychosomatische Erkrankungen sind auch Jahre nach dem Missbrauch noch häufig vorhandene Auffälligkeiten. In vielen Fällen werden die traumatischen Erlebnisse des Sexuellen Missbrauchs bis ins Erwachsenenalter nicht verarbeitet.
Auch Reaktionen der Familie des Kindes auf den Missbrauch haben einen großen Einfluss auf die Schwere der Symptome. Verleugnen die Eltern den Missbrauch, reagieren sie ablehnend oder gar bestrafend und vermittelt die Familie insgesamt wenig emotionalen Rückhalt, entwickeln die Kinder häufiger schwerwiegendere Symptome. Umgekehrt ist belegt, dass es für die Genesung der Kinder enorm hilfreich war, wenn insbesondere die Mutter dem Kind glaubte und sich beschützend und unterstützend verhielt.
Wie können Erwachsene dem Kind helfen?
- Glauben Sie dem Kind: Wenn Kinder von einem Sexuellen Missbrauch berichten, lügen sie in der Regel nicht.
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Nehmen Sie das Kind und seine Gefühle ernst. Für das Kind ist es eine große Hilfe, wenn es über seine Gefühle sprechen kann.
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Machen Sie dem Kind keine Vorwürfe.
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Ermutigen Sie das Kind, über den Vorfall zu sprechen. Je näher der Täter dem Kind steht, desto schwerer fällt es dem Kind, Ihnen davon zu berichten.
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Vermeiden Sie "Warum" - Fragen; das Kind könnte daraus ableiten, dass es eine Mitschuld trägt.
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Sagen Sie dem Kind ganz deutlich, dass es keine Mitschuld an dem Geschehenen trifft, sondern dass nur der Täter verantwortlich ist.
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Vermitteln Sie dem Kind Sicherheit und Geborgenheit. Überlegen Sie gemeinsam mit dem Kind, was es jetzt besonders
braucht, um sich sicher zu fühlen. -
Respektieren Sie, wenn das Kind gegenüber dem Täter auch weiterhin positive Gefühle hat.
Wo gibt es Hilfe ?
Wenn Sie den Verdacht habe oder wissen, dass ein Kind sexuell missbraucht wird, finden Sie Beratung und Unterstützung beim Jugendamt und vielen spezialisierten Beratungsstellen. Handeln Sie nicht emotional und überstürzt. Zur Planung der weiteren Schritte sollten Sie sich unbedingt Hilfe von Fachleuten holen !